Das Arbeitsgesetzbuch war Ende 2017 Gegenstand von zwei wichtigen Reformen.
Unser Newsletter vom Monat Juli 2017 beschäftigte sich mit der aktuellen Reform bestimmter Formen von Sonderurlaub. [1] Diese Reform hat Ende des Jahres zum Gesetz vom 15. Dezember 2017 geführt. [2]
Außerdem hat das am 30. November 2017 verabschiedete Gesetz die Vorruhestandsregelung zum Teil reformiert. [3]
Schließlich arbeitet der Gesetzgeber immer noch an der Gesetzesvorlage n° 7086 (eingereicht im Oktober 2016), welche die Änderung verschiedener Vorschriften des Arbeitsgesetzbuches betrifft. Die Wichtigsten werden weiter unten vorgestellt.
Wie in unserem bereits erwähnten Newsletter beschrieben, ist es keine große Überraschung, dass durch das Gesetz vom 15. Dezember 2017 der Vaterschaftsurlaub schließlich auf 10 Tage erweitert wurde (anstatt der 5 Tage, die ursprünglich von der Gesetzesvorlage vorgesehen waren). Im Übrigen: obwohl der Gesetzesgeber die Anmerkungen des Conseil d’Etat zur Berechnung des Sonderurlaubs bei Umzug berücksichtigt hat, hat er nicht dessen Anmerkungen zur Berechnung des Urlaubs aus familiären Gründen berücksichtigt, was gewisse Schwierigkeiten bei der praktischen Anwendung bereiten dürfte.[4]
Die unten dargestellte Tabelle fasst die Änderungen gegenüber der vorherigen Regelung zusammen:
Die zweite Ende 2017 verabschiedete Reform betrifft die Vorruhestandsregelung. Sie folgt dem 2010 von der OECD eingeleiteten Programm, das die schrittweise Anhebung des tatsächlichen Rentenalters anstrebt, um es an die lange Lebensdauer anzuknüpfen und um langfristig die Systeme des vorzeitigen Ruhestands abzuschaffen. Das neue Gesetz vom 30. November 2017 schließt sich diesem Ziel insbesondere durch die Abschaffung der auf Solidarität beruhenden Vorruhestandsregelung und durch die Anwendung strengerer Bedingungen der anderen Regelungen an.
Es bestehen also nur noch drei Vorruhestandsregelungen. Es sind:
Für jede Vorruhestandsregelung ist es in Zukunft notwendig, dass man mindestens 5 Jahre beim antragstellenden Unternehmen gearbeitet hat. Außerdem muss der Zeitraum der Vorruhestandsabfindung auf höchstens drei Jahre beschränkt sein und in jedem Fall mit Vollendung des 63. Lebensjahres enden.[9] Schließlich wird die Vorruhestandsabfindung auf Grundlage der zwölf letzten Arbeitsmonate berechnet[10].
Diese Reform verfolgt zwar das Ziel, die Zulassungsbedingungen der Arbeitnehmer zur Vorruhestandsregelung strenger zu gestalten. Trotzdem gilt es zu beachten, dass der Gesetzesgeber den Kreis der Personen, die ein Arbeitgeber einstellen kann, um den Weggang eines Arbeitnehmers in die Altersteilzeit auszugleichen, erweitert hat[11].
Im Rahmen der Gesetzesvorlage n° 7086, die von der Abgeordnetenkammer im Oktober 2016 eingereicht wurde, stehen eine gewisse Anzahl von Reformen an. Diese Gesetzesvorlage hat zum Ziel, verschiedenen festgestellten Missbräuchen in der Praxis abzuhelfen, die im Gegensatz zu dem ursprünglichen Geist des Gesetzes stehen. Es sollen auch einige Lösungen der aktuellen Rechtsprechung gesetzlich festgeschrieben werden.
Die wichtigsten eingeführten Reformen im Rahmen der Gesetzesvorlage betreffen die folgenden Punkte:
Der Gesetzesgeber beabsichtigt hauptsächlich die vom Verfassungsgericht in seinen am 8. Juli 2016[12] erlassenen Urteilen hinsichtlich der Gleichbehandlung zwischen den Arbeitnehmern, die fristlos wegen schwerwiegenden Fehlverhaltens ihrer Arbeitgeber gekündigt haben und den Arbeitnehmern, die fristlos wegen des eigenen schwerwiegenden Fehlverhaltens entlassen worden sind, gesetzlich festzuschreiben. Auf diese Weise sollen alle einseitigen fristlosen Kündigungen eines Arbeitsvertrages denselben Regeln unterliegen.
Die Gesetzesvorlage sieht insbesondere vor, dass der Arbeitnehmer, der fristlos wegen eines schwerwiegenden Fehlverhaltens seines Arbeitgebers gekündigt hat, so wie ein Arbeitnehmer, der fristlos wegen eines eigenen schwerwiegenden Fehlverhaltens entlassen worden ist[12]:
Schließlich beabsichtigt die Gesetzesvorlage auch die Lösung der Rechtsprechung, gesetzlich festzuschreiben und diese auf alle Fälle der einseitigen fristlosen Kündigungen von Arbeitsverträgen auszuweiten, dass dem Staat ein Vergleich nicht entgegen gehalten werden kann, der zwischen dem Arbeitgeber und dem fristlos entlassenen Arbeitnehmer geschlossen wurde, wenn letzterem ein vorübergehendes Arbeitslosengeld gewährt wurde [15] [16].
Nach diesem Gesetzesentwurf soll der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsvertrag mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden ist (ob durch Kündigung oder durch Rücktritt), der eine Klage einreicht und sie wegen einer Klagerücknahme nicht zu Ende führt:
Im Hinblick auf die festgestellten Missbräuche bei der Einstellungsbeihilfe für verschiedene Kategorien von Arbeitslosen oder Arbeitnehmern[17], sieht die Gesetzesvorlage n° 7086 für die Arbeitslosen vor, dass sie von nun an ausschließlich für Personen, die 45 Jahre alt oder älter sind, bestimmt ist, die seit wenigstens einem Monat bei der ADEM eingeschrieben sind und die 24 Monate vor dem Verlust ihrer Arbeit in Luxemburg gearbeitet haben.[18]
Der Gesetzesentwurf sieht weiterhin vor, dass diese Beihilfe auf höchstens 50% des vom Arbeitgeber erhaltenen Gehaltes beschränkt ist.
Bei Umsetzung des Rechtsgrundsatzes der Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall besteht eine juristische Unsicherheit was die genaue Berechnungsgrundlage und die Posten anbelangt, die man bei der Gehaltsberechnung berücksichtigen muss. Diese Unsicherheit hat viele Klagen vor den Arbeitsgerichten ausgelöst, die jedes Mal eine sehr weit gehende Berechnungsgrundlage zugrunde gelegt haben.
Die Gesetzesvorlage n° 7086 geht von dieser umfassenden Rechtsprechung aus, um genau die anwendbaren Regeln zur Berechnung des Gehaltes zu definieren, das der Arbeitgeber im Falle einer Arbeitsunfähigkeit zahlen muss.
Das Gesetzesvorhaben führt damit eine Unterscheidung ein zwischen:
und definiert für jede dieser Kategorien genau - unter Berücksichtigung der für die Gehaltsberechnung zu beachtenden Punkte - was unter der Gehaltsfortzahlung zu verstehen ist.
In dieser Hinsicht kann man feststellen, dass die Gesetzesvorlage genau präzisiert, dass die Überstunden, die nicht regelmäßigen Vorteile, die Gratifikationen, die Prämien und die Nebenkosten/ Zusatzkosten nicht in diese Berechnung in Betracht gezogen werden.
Es muss zu dem aktuellen Gesetzesentwurf darauf hingewiesen werden, dass der Conseil d’Etat sich gegen diese Reform stellt und dabei auf die zwischen den Sozialpartnern des 2009 eingeführten „Statut Unique“ geschlossenen Vereinbarungen verweist.
[1] http://molitorlegal.lu/reforme-des-conges-speciaux-quoi-sattendre/
[2] Gesetz vom 15. Dezember 2017 bezüglich der Änderung : 1. des Arbeitsgesetzbuches ; 2. des geänderten Gesetzes vom 31. Juli 2006 über die Einführung des Arbeitsgesetzbuches, und Abschaffung 3. des geänderten Gesetzes vom 12. Februar 1999 bezüglich der Einführung eines Elternurlaubs und eines Urlaubs aus familiären Gründen (In Kraft seit dem 1. Januar 2018).
[3] Gesetz vom 30. November 2017 bezüglich : 1. Änderung des Artikels L. 521-14 und des Titels VIII vom Buch V des Arbeitsgesetzbuches; 2. Änderung des Artikels 3 des Gesetzes vom 23. Juli 2015 bezüglich der Reform des Sozialdialoges innerhalb eines Unternehmens und Änderung des Arbeitsgesetzbuches und des geänderten Gesetzes vom 19. Dezember 2002 bezüglich des Handels- und Gesellschaftsregisters, sowie der Buchhaltung und der Jahresabschlüsse der Unternehmen.
[4] V. Siehe im Einzelnen unseren Newsletter vom Juli 2017 zu den Kritikpunkten des Conseil d’Etat http://molitorlegal.lu/reforme-des-conges-speciaux-quoi-sattendre/
[5] Nur im Falle eines Krankenhausaufenthalts.
[6] Im Falle einer Umstrukturierung oder Schließung des Unternehmens.
[7] Bestimmt für die Arbeitnehmer, die für wenigstens 20 Jahre in Schichten oder als Nachtarbeiter gearbeitet haben.
[8] Ermöglicht dem Arbeitgeber Schritt für Schritt die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers durch die Einstellung einer anderen Person als Ausgleich verringern.
[9] Es gibt gesetzliche Ausnahmen, die es ermöglichen, dass der Abfindungszeitraum bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres hinausgeschoben wird.
[10] Gegenüber den drei letzten Monaten bei der alten Regelung.
[11] Der Arbeitgeber muss die Einstellung begründen (i) bei einem Arbeitsvertrag mit Vollzeit, (ii) bei einem unbefristeten Arbeitsvertrag mit Teilzeit, oder (iii) bei einem Ausbildungsvertrag : d.h. entweder (a) eines Arbeitslosen, der von der ADEM entschädigt wird und/ oder bei dieser eingeschrieben (b) eines Arbeitnehmers, dessen befristeter Arbeitsvertrag in einen unbefristeten Arbeitsvertrag umgewandelt wird, (c) eines Arbeitnehmers oder Auszubildenden, der aus einem Unternehmen mit Schwierigkeiten kommt und einem unmittelbaren Risiko einer Kündigung ausgesetzt ist (d) eines Arbeitnehmers, der aus einem Unternehmen kommt, das den Plan zur Erhaltung des Arbeitsplatzes geschlossen hat, oder (e) eines Arbeitnehmers, der aus einem insolventen Unternehmen kommt oder einem Unternehmen, das der gerichtlichen Liquidation unterliegt (unvollständige Liste)
[12] Urteile n°123/16 et 124/16 haben die Artikel L.124-6 et L.124-7 des Arbeitsgesetzbuches verfassungswidrig erklärt.
[13] Und auch der Arbeitnehmer, der fristlos gekündigt hat, weil er sexuell vom Arbeitgeber belästigt worden ist.
[14] Bezüglich des letzten Punktes sieht die Gesetzesvorlage n° 7086 vor, dass im gleichen Fall, die unterliegende Partei nicht nur dazu verpflichtet ist die Arbeitslosengelder, die dem Arbeitnehmer durch den luxemburgischen Staat gezahlt wurden, sondern auch die Arbeitslosengelder, die der luxemburgische Staat an die öffentlichen Stellen der anderen Staaten der europäischen Union in der Anwendung der Verordnung (CE) n° 883/2004 bezüglich der Koordinierung der Sozialversicherungssysteme (Artikel 65 Verordnung (CE) n°883/2004) zurückzahlen muss, wonach der Mitgliedsstaat, der die Arbeitslosenbeiträge eingezogen hat, d.h. im Prinzip der Staat, in dem der Arbeitnehmer arbeitet, innerhalb von 3, beziehungsweise 5 Monate, die Arbeitslosengelder, die vom Mitgliedsstaat des Wohnsitzes gezahlt wurden, zurückzahlen muss). Der luxemburgische Staat müsste also auch an Verfahren teilnehmen, wenn der Arbeitnehmer, der fristlos entlassen worden ist/ gekündigt hat seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedsstaat hat in welchem er auch Arbeitslosengelder erhalten hat.
[15] Cour de cassation, 15 Juli 2010, n°51/10 ; Cour d’appel, 30 Mai 2013, n° 38349.
[16] Es wird darauf hingewiesen, dass der Gesetzesgeber im Rahmen dieser Gesetzesvorlage auch eine andere ständige Rechtsprechung bei ordentlichen Kündigungen gesetzlich festschreiben möchte, wonach wenn eine ordentliche Kündigung als missbräuchlich erklärt wird, der unterliegende Arbeitgeber die Arbeitslosengelder, die an den Arbeitnehmer gezahlt wurden, an den Staat Luxemburg zurückzahlen muss.
[17] Die Wiedereinstellungsbeihilfe garantiert aktuell verschiedenen Kategorien von Arbeitnehmern oder Arbeitslosen, die eine Arbeit annehmen, die schlechter bezahlt wird, als ihre vorherige Tätigkeit 90% des vorherigen Gehaltes über einen Zeitraum von 4 Jahren. Das Ziel des Gesetzesgebers war es die entlassenen (oder die Arbeitnehmer, die dem Risiko unterliegen, entlassen zu werden) Arbeitnehmer zu ermutigen eine Arbeit, die schlechter bezahlt wird, anzunehmen und dem neuen Arbeitgeber eine Anpassungszeit von 4 Jahren mit dem neuen Arbeitnehmer zu geben. Während dieser Zeit müssten Gehaltsanpassungen möglich sein, so dass sich das Gehalt vor Auslaufen der Unterstützung dem vorherigen Gehaltsniveau annähert.
Die Wiedereinstellungsbeihilfe wurde allerdings oft nicht zu diesem Zweck verwendet sondern um Arbeitnehmer, die den sozialen Mindestlohn beziehen, systematisch einzustellen. Man hat mehrmals festgestellt, dass die vom Staat gezahlte Unterstützung den sozialen Mindestlohn überschritten hat oder sogar das neue Gehalt, das vom Arbeitgeber gezahlt wurde.
[18] Die ursprüngliche Gesetzesvorlage sah die Unterstützung nur für die Arbeitslosen vor, die vorher einen unbefristeten Arbeitsvertrag hatten. Der Conseil d’Etat hat sich allerdings ausdrücklich gegen diese Version des Textes gewendet und zu bedenken gegeben, dass so eine Ungleichbehandlung zwischen den Arbeitnehmern mit unbefristeten Arbeitsverträgen und den Arbeitnehmern mit befristeten Arbeitsverträgen besteht und ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vorliegen würde. Die Gesetzesvorlage wurde in der Folge geändert